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Vergütungshöhe

  • September 25, 2020
  • Amar Faßbender
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Mit Urteil vom 12.3.2020 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) zu der insbesondere auch für Vereine relevanten Frage geäußert, wann überhöhte Geschäftsführervergütungen zu einem Entzug der Gemeinnützigkeit führen können. Ein Entzug der Gemeinnützigkeit ist bei kleineren Verstößen gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO unverhältnismäßig.

Worum es ging:
Klägerin und Revisionsklägerin war eine GmbH, die im Jahr 1999 in das Handelsregister des Amtsgerichts eingetragen wurde. Gesellschafterin der Klägerin war der FV A eV und der B eV zu jeweils 50 %. Die Klägerin engagierte sich unter anderem in der psychiatrischen Arbeit und erbrachte in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche, indem sie entsprechende Einrichtungen (Kliniken u.a.) errichtete, betrieb, sanierte, übernahm und beriet.  Die Klägerin war in den Streitjahren 2005 bis 2008 durch Freistellungsbescheid zur Körperschaft und Gewerbesteuer wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und des Wohlfahrtswesens sowie der Förderung mildtätiger Zwecke als gemeinnützig anerkannt.

Das Finanzamt entzog wegen überhöhter Geschäftsführervergütungen der Klägerin den Status der Gemeinnützigkeit und erließ für die Streitjahre 2005 bis 2008 geänderte Bescheide. Den in den Streitjahren 2009 und 2010 eingereichten Steuererklärungen der Beklagten folgte das Finanzamt nicht mehr und erließ die streitgegenständlichen Bescheide dieser Veranlagungszeiträume. Die Klägerin berief sich im Einspruchsverfahren vorwiegend auf die BBE-Studie und die Kienbaum-Studie. Bei diesen Studien handelt es sich um verbreitete Gehaltsstrukturuntersuchungen. Gegen das für die Klägerin erfolglose Urteil des Finanzgerichts wandte Sie sich mit ihrer Revision an den BFH.

Was der Bundesfinanzhof sagt:
Nach Auffassung des BFH ist die Revision für die Streitjahre 2006 bis 2007 begründet und im Übrigen dagegen unbegründet. Die Richter führen aus, dass das vorangegangene Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern bezüglich des Streitjahres 2007 gegen § 55 Abs. 1 Nr. 3 iVm § 63 und § 162 AO und hinsichtlich des Streitjahres 2006 gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verstößt. Das in § 55 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 AO niedergelegte Prinzip, dass die Körperschaft keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen dürfe, habe im Grundsatz dieselbe Bedeutung wie ein unangemessener Vorteil bei der verdeckten Gewinnausschüttung in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, da in beiden Bereichen das Marktübliche von der Begünstigung unterschieden werden solle. Hierbei sei die obere Grenze für die Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen durch Schätzung (§ 162 AO) zu ermitteln, da es für die Angemessenheit der Geschäftsführervergütungen keine festen Regeln gebe. Die Feststellung einer vGA durch überhöhte Vergütungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers könne entweder mittels internem Fremdvergleich – d.h. durch Vergleich der Vergütung mit Entgelten die Geschäftsführer oder Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens beziehen – oder durch einen externer Fremdvergleich – d.h. durch Vergleich mit Entgelten die unter gleichen Bedingungen an Fremdgeschäftsführer anderer Unternehmen gezahlt werden – erfolgen. Bei diesem Vergleich sei zu berücksichtigen, dass entgegen der Auffassung des FA keine Besonderheiten bei gemeinnützigen Organisationen bestehen und damit Gehaltszahlungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Organisation auch dann noch als angemessen und damit nicht unverhältnismäßig iSv § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO anzusehen seien, wenn sie den Gehältern für eine vergleichbare Tätigkeit von nicht steuerbegünstigten Unternehmen entsprächen. Wenn die Körperschaft ihrem Geschäftsführer eine Versorgungszusage gewähre, die über eine Unterstützungskasse erfüllt wird, sei der für den Geschäftsführer liegende Vorteil in Höhe von der fiktiven Jahresnettoprämie in die Vergleichsbetrachtung mit angemessenen Geschäftsführergehältern miteinzubeziehen ist. Die Berücksichtigung der jährlichen Zuführungen an die Unterstützungskasse anstelle der niedrigeren fiktiven Jahresnettoprämien im Rahmen der Gesamtausstattung des Geschäftsführers sei rechtsfehlerhaft gewesen.

Der BFH vertrat zudem die Auffassung, dass die Werte der BBE-Studie als Ausgangspunkt für die Feststellung der Unangemessenheit eines Geschäftsführergehalts im Rahmen eines externen Fremdvergleichs verwendet werden können.

Nach den vom BFH ermittelten Werten war im Jahr 2007 kein Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot gegeben. Der Verstoß im Jahr 2006 war nur geringfügig. Ein Entzug der Gemeinnützigkeit in 2006 war daher unverhältnismäßig.

Was das bedeutet:
Wichtigste Aussage des Urteils ist, dass der BFH das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Hinblick auf einen Entzug der Gemeinnützigkeit anwendet, wenn geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot nach § 55 AO gegeben sind. Nach Auffassung des BFH ist bei einer Mittelfehlverwendung von über 25.000 € weder in absoluten Zahlen, noch relativ – im Verhältnis zum Umfang der ausgeübten Tätigkeit – eine geringfügige Mittelfehlverwendung gegeben. Zugleich unterstellt der BFH bei einer Mittelfehlverwendung in absoluter Höhe von 10.000 € zzgl. einer fiktiven Jahresnettoprämie von mindestens 10.000 € keine Geringfügigkeit mehr, wobei er hierbei nicht weiter auf die relative Geringfügigkeit eingeht. Zudem gibt der BFH den gemeinnützigen Körperschaften Vorgaben, wie das angemessene Geschäftsführergehalt nach Maßgabe des externen Fremdvergleichs ermittelt werden kann.

Sonstiges:
Offengelassen hat der BFH, wann grundsätzlich noch von einem geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot ausgegangen werden kann. Auch wenn im konkreten Fall bei einem Betrag von 3000 € noch eine geringfügige Mittelfehlverwendung angenommen wurde, sollte dieser Betrag nicht als starre Grenze betrachtet werden. Der BFH hat diesen Betrag ausdrücklich in absoluter Höhe und im Verhältnis zur Gesamttätigkeit der Klägerin (Jahresumsatz in Höhe von ca. 8 Mio. €) noch als geringfügig eingestuft. Dies bedeutet, dass nicht auszuschließen ist, dass etwa eine Mittelfehlverwendung in Höhe von 3000 € bei einem kleineren Verein mit einem deutlich geringeren Umsatz schon zu einem Entzug der Gemeinnützigkeit führen kann.

Für größere gemeinnützige Körperschaften mit sehr hohen Umsätzen ist das Urteil ein klarer Warnschuss. Sowohl im Streitjahr 2005 als auch im Streitjahr 2008 hat der BFH keinen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot angenommen. Im Streitjahr 2005 lagen die Umsätze der Klägerin bei ca. 7,7 Mio. €, der Jahresüberschuss lag bei 6.627 € und die Klägerin hatte 3 Mitarbeiter. Im Streitjahr 2008 hatte die Klägerin bereits 290 Mitarbeiter bei einem Umsatz in Höhe von 13,4 Mio. € und einem Jahresüberschuss von 488.651 €. Während in 2005 eine nicht mehr geringfügige Mittelfehlverwendung bei einem Betrag in Höhe von ca. 25.000 € angenommen wurde, hat der BFH die Mittelfehlverwendung in Höhe von 10.000 € als nicht mehr geringfügig bezeichnet und dabei berücksichtigt, dass dieser Betrag noch um eine fiktive Jahresnettoprämie (nicht unter 10.000 €) zu erhöhen wäre. Damit wurden die Umsatzsteigerungen im Verhältnis zum Streitjahr 2005 nicht berücksichtigt, so dass bereits bei einer Mittelfehlverwendung in Höhe von 20.000 € (10.000 € Gehalt + 10.000 € fiktive Jahresnettoprämie) ein nicht geringfügiger Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot angenommen wurde. Gemeinnützige Körperschaften müssen daher damit rechnen, dass der Betrag, bei dem noch (relativ) geringfügigen Verstöße angenommen werden können sich nicht automatisch mit einem steigenden Umsatz der Körperschaft vergrößert. Vielmehr hat die Finanzverwaltung auf Grundlage des BFH-Urteils schon bei einem Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot ab einer Höhe von 20.000 € gute Argumente die Gemeinnützigkeit unabhängig von der Umsatzhöhe der Körperschaft zu entziehen. Bei größeren gemeinnützigen Körperschaften könnte daher schon die Mittelfehlverwendung von verhältnismäßig geringen Beträgen zu einem Entzug der Gemeinnützigkeit führen, so dass die Implementierung eines funktionsfähigen Tax Compliance Management Systems die größte Priorität haben sollte.

Offengelassen hat der BFH auch, ob das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Zusammenhang mit anderen, nicht gegen das Mittelverwendungsgebot gerichteten Verstößen beim Entzug der Gemeinnützigkeit gilt. Dies dürfte vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei allen staatlichen Eingriffen allerdings anzunehmen sein.

Az.: BFH-Urt. V R 5/17 vom 12.3.2020

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